Haushaltsrede Kreistag 05.03.2012

Herr Landrat, meine sehr geehrten Damen und Herren,

Achterbahn fahren auf Sünne Peider ist eine vergleichsweise harmlose Veranstaltung und hat für Viele auch einen hohen Spaßfaktor. Bei den Kommunalfinanzen sieht das schon ganz anders aus. Auch da fahren wir Achterbahn, aber der Spaß hat schon lange aufgehört. Die Kommunalfinanzen sind in Unordnung, das wissen wir alle, aber eine grundlegende Finanzreform lässt weiter auf sich warten. Trotz überragender Gewerbesteuereinnahmen können unsere Kommunen, wie auch der Kreis, keinen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Im vergangenen Jahr erhielten wir wegen stark gesunkener Steuerkraft nicht unerhebliche Schlüsselzuweisungen. In diesem Jahre hat sich das Blatt vollständig gewendet. Hohe Steuerkraft, runter bei den  Schlüsselzuweisungen, rauf bei der Landschaftsumlage, Mehrbelastung ca. 12 Mio. €. Der Haushaltsausgleich kann nur durch den Griff in die Ausgleichsrücklage von immerhin 5,6, Mio. € gelingen. Auch der gute Vorsatz eine Nettoneuverschuldung zu vermeiden ist Schall und Rauch. 6 Mio. € schlagen hier zu Buche. Das müssen wir erst einmal verkraften, bzw. verkraften müssen das unsere Städte und Gemeinden, denn bei denen refinanzieren wir uns. Da bleibt weiterhin der Appell an Bund und Land die kommunale Familie auskömmlich mit Finanzmitteln auszustatten und die ständig steigenden Soziallasten vollständig auszugleichen. Aber wir jammern auf hohem Niveau.
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Der Kreis Gütersloh gehört zu den stärksten Regionen, so titelte die Zeitung am 25. Februar. Sensationelle Zuwächse und hervorragende Ergebnisse konnten von der IHK verkündet werden.  Das macht sich in unseren Kommunen deutlich bemerkbar. Diese Entwicklung haben wir aber nicht überall in NRW. So ist es konsequent, dass die Landesregierung durch den Stärkungspakt versucht, stark überschuldete Kommunen vor der Insolvenz zu retten. Die Kassenkredite der Kommunen, die inzwischen bald die 30 Mrd. € erreichen, legen viele Gemeinwesen lahm. Seien wir doch froh, dass wir nicht mit so gigantischen Soziallasten zu kämpfen haben wie andere. Auch wenn die sog. Abundanzumlage zunächst vom Tisch ist, müssen wir uns  aber darauf einstellen, dass wir als wohlhabender Kreis und seine Kommunen in den nächsten Jahren auch einen Beitrag zur Konsolidierung dieser Kommunen werden leisten müssen. Darüber werden wir sicher in Zukunft noch streiten.

Auch wenn die Kommunalfinanzen mit uns Achterbahn fahren, so haben wir in unserem Haushalt 2012 in vielen Bereichen eine ruhige Fahrweise und eine Fortschreibung der Ansätze beibehalten können. Die Liste der sog. freiwilligen Leistungen wurde unaufgeregt behandelt und unangetastet gelassen, jedoch um die Förderung des Vereins „Trotz Allem e.V.“ aufgestockt, das Bündnis für Familie wird weiterhin finanziell abgesichert, die Beiträge für die kleineren Familienzentren erhöht, Mehrbedarfe für die interdisziplinäre Frühförderung eingestellt und ein Zuschuss für die OstWestfalenLippe GmbH, wie die OWL- Marketing jetzt heißt, noch kurz vor Toresschluss von der CDU eingebracht. Es war der CDU offensichtlich zu kleinkariert nach dem Gewinn des Spitzenclusterwettbewerbs weiterhin auf der Finanzbremse zu stehen. Wir sind jetzt mit immerhin 7.800 € mehr dabei, aber nur für ein Jahr, aller Anfang ist schwer!

Nach erheblichen Investitionen und Umstrukturierungen im Schulbereich haben wir jetzt eine kontinuierliche Weiterentwicklung. Die Neuausrichtung der Berufskollegs ist erfolgt – auch die Friseure und Friseurinnen sind in Halle gut angekommen – die Schulsozialarbeit ist etabliert und kein Punkt des politischen Streits mehr, offener und gebundener Ganztag eingeführt, der aber noch ausbaufähig ist, die energetische Sanierung in den Schulgebäuden weitestgehend abgeschlossen. Auf hohem Niveau steht bei uns der Übergang Schule und Beruf. Projekte wie das Ravensberger Jugendbildungshaus und viele weitere Projekte werden mit erheblichen Mitteln gefördert. Unser Bildungsbüro ist gut aufgestellt und leistet hervorragende Arbeit. Und trotzdem sind wir im Kreis Gütersloh nur Mittelmaß, unteres Mittelmaß, beim Leistungsvergleich der Schulen von  der Bertelsmann Stiftung. Da müssen wir ran. Ein Kreis der wirtschaftlich spitze ist, muss auch bei den schulischen Leistungen spitze sein, denn in naher Zukunft droht ein erheblicher Fachkräftemangel und wir müssen alles tun, um alle jungen Menschen zu qualifizieren und sie zu möglichst hochwertigen Abschlüssen zu führen. Gut ausgebildete Jugendliche sind vor Armut geschützt und sichern unseren Wirtschaftsstandort.

Deshalb investieren wir insbesondere im frühkindlichen Bereich. Je früher wir Hilfebedarfe aufspüren und die Familien unterstützen, desto erfolgreicher können die Maßnahmen wirken. Prävention hilft spätere höhere Kosten zu vermeiden. Der Besuchsdienst ist inzwischen in allen Kommunen etabliert und hat sich bewährt. Die Familienhebamme ist ein weiterer Baustein der frühen Hilfen. Unser Antrag dazu wurde von allen Fraktionen begrüßt und von der Verwaltung zu einem umfassenden Konzept weiterentwickelt. Vielen Dank dafür. Dank Bundesförderung und geleisteter Vorarbeit können wir starten. Die Familienhebammen werden ausgebildet und nehmen im Auftrag der Regionalstellen in der Regel deutlich vor der Geburt mit den betroffenen  Familien Kontakt auf und bleiben während des ersten Lebensjahres eines Kindes in der Familie. Das ist effektiv und bringt Entlastung bei den Jugendhilfeleistungen.

Die Jugendhilfe hat einen großen Veränderungsprozess durchgemacht. Verl und Rheda-Wiedenbrück sind ausgeschieden und suchen ihr Heil außerhalb der Solidargemeinschaft. Das Kreis Jugendamt ist weiterhin fachlich sehr gut aufgestellt und personell verstärkt. Das Budget konnte trotz krankheitsbedingter Ausfälle und dank hoher Ausgabendisziplin bei erheblichen Konfliktlagen eingehalten werden. Danke dafür! Sollten allerdings die Aufgaben oder besondere Ereignisse ein höheres Budget erfordern, sind wir bereit hier nachzusteuern.

Sehr viel Geld nehmen wir auch wieder in 2012 und in den folgenden Jahren, für den U3 Ausbau in die Hand. Der Bedarf ist enorm und übersteigt das Angebot weit. Wollen wir unseren Kreis für junge gut ausgebildete Eltern attraktiv machen, müssen wir ein breitgefächertes Angebot an verlässlichen, flexiblen Betreuungsmöglichkeiten anbieten. Betriebsnahe Kindertagesstätten sind eine wichtige Ergänzung der Trägerlandschaft. Die werden von uns ausdrücklich unterstützt.Die frühe Betreuung bietet aber auch die Chance der gezielten Sprachförderung und frühkindlichen Bildung. Die Herdprämie ist ein völlig falsches Signal.

Richtige Signale, wenn auch noch sehr leise, senden wir im Bereich Inklusion aus. Durch den von uns initiierten fraktionsübergreifenden Antrag ist ein erster wesentlicher Schritt hin zu einem inklusiven Gemeinwesen getan. Herr Jung hat sich, unterstützt von Herrn Henke von der Wertkreis gGmbH, der Frage, wie wir die UN- Behindertenkonvention im Kreis angemessen umsetzen können, mit viel Engagement gewidmet. Vielen Dank. Menschen sind nicht behindert, sie werden behindert. Diese Behinderungen gilt es abzubauen, damit alle Menschen sich als in der Mitte der Gesellschaft stehend erleben können, dass Kinder in Regelkindergärten und Schulen gehen können und Menschen mit Handicap selbständig wohnen und arbeiten können. Der Aktionsplan der Landesregierung wird uns den Rahmen vorgeben und die Ergebnisse des Workshops werden Grundlage für eine umfassende Inklusionsstrategie sein. Wir freuen uns, dass die Peter-August-Böckstiegelschule mit dem kommenden Schuljahr eine integrative Lerngruppe einrichtet und somit die Möglichkeit eröffnet, dass alle Kinder, unabhängig von ihren Fähigkeiten oder Beeinträchtigungen, ihrer ethnischen, kulturellen oder sozialen Herkunft gemeinsam unterrichtet werden können. Dieses Projekt sollte im ganzen Kreis Schule machen.
Seit dem 01.01.2012 sind wir als Kreis voll umfänglich für den Aufgabenbereich des SGBII verantwortlich. Dank eines hervorragenden, mit großer Sachkompetenz erarbeiteten Antrages haben wir den Zuschlag erhalten. Jetzt haben wir die Chance stärker als bisher die Aufgabenwahrnehmung nach SGBII passgenau auf die von uns betreuten Menschen zuzuschneiden, Erledigung aus einer Hand, so dezentral wie möglich. In einer breit angelegten Diskussion haben wir das Arbeitsmarktprogramm für 2012 erstellt. Einigkeit herrschte bei der besonderen Förderung Alleinerziehender. Der von uns gestellte Antrag wurde vom Fachbereich 5 in der Konzeption berücksichtigt. Das vorgestellte Projekt findet unsere volle Unterstützung. Wir vertrauen darauf, dass die Abteilung dieses Projekt sachgerecht aus dem vorhandenen Budget durchführen kann. Deshalb haben wir dem Antrag der SPD, zusätzliche Mittel in Höhe von 150.000 € bereitzustellen, nicht zugestimmt.
Der strikte Kurs der Mehrheitsfraktionen, kein kommunales Geld zusätzlich für weitere Projekte im Bereich der Eingliederung zu investieren, ist allerdings kurzsichtig. Projekte, die SGBII- Empfänger und Empfängerinnen wieder in Lohn und Brot bringen entlasten unsere Kommunen nicht nur durch die eingesparten Kosten der Unterkunft. Es ist auch sozialpolitisch wichtig, dass Eltern einer Erwerbstätigkeit nachgehen, um Kindern und Jugendlichen ein positives Vorbild zu geben. Das von der GAB eingebrachte 40 Familien-Programm, von SPD und GRÜNEN unterstützt, wäre geeignet gewesen, Menschen wieder die Teilhabe am sozialen, kulturellen und sportlichen Leben zu ermöglichen. 2012 noch nicht einzusteigen, ist falsch. Gerade bei diesem Projekt sollte das Kostenargument ziehen, denn wenn wir eine Großfamilie aus dem Leistungsbezug herausholen, hat das nicht nur finanzielle, sondern auch sozialpolitische Relevanz. Es müssen ja nicht gleich 40 Familien sein, aber anfangen sollten wir, um Erfahrungen zu sammeln. Wir wissen, dass der Fachbereich die Grundidee des Projektes begrüßt und hoffen, dass so bald finanzielle und personelle Ressourcen frei sind, ein Familienprojekt umgesetzt wird. Der GAB hilft das nicht mehr, die musste Insolvenz anmelden, vor allem weil in den vergangen Jahren Förderprogramme für Langzeitarbeitslose mit erheblichen Vermittlungshemmnissen von der Bundesregierung stark zurückgefahren wurden, für Menschen, um die sich kaum jemand, die GAB aber vornehmlich, kümmerte. Damit droht ein wichtiger Träger für Arbeitsmarktprogramme von der Bildfläche zu verschwinden. Wie groß der Verlust für den Kreis Gütersloh ist, werden wir dann merken, wenn uns Partner fehlen, die Beschäftigungsangebote im Sozialraum organisieren.Wir hoffen, dass mit unserem Antrag, der ein „Projekt zu Erweiterung der Entscheidungsbasis über den Einsatz von zusätzlichen Kreismitteln im Arbeitsprogramm“ zum Inhalt hat, die Wirkungszusammenhänge von Projekten dargestellt werden können. Aus der Erfahrung der uralten Projekte „Arbeit statt Sozialhilfe“ wissen wir, dass es funktioniert, aber wir möchten, dass auch sie es nachvollziehen können.
Eine weitere große Baustelle, die im Kreis in Arbeit ist, ist die Energiewende. Beflügelt durch das Konjunkturpaket sind wir bei der energetischen Sanierung unser Gebäude ein gutes Stück vorangekommen. Die schöpferische Pause, die der Kreis in dem Bereich einlegt, darf aber nicht das Ende unserer Bemühungen in Sachen Energieeinsparung und Energieeffizienz bedeuten. Es bleibt noch genug zu tun, wollen wir auch nur die Klimaschutzziele der Bundesregierung einhalten. Wir freuen uns, dass es im Bereich Klimaschutzmanagement personelle Verstärkung gibt. Im April werden wir das Klimaschutzkonzept des Kreises auf den Tisch bekommen. Spätestens dann ist es an der Zeit, ein Ziel für den Kreis Gütersloh zu formulieren. Wir haben dazu einen Antrag unter der Überschrift: „Der Kreis Gütersloh ist voller Energie“ vorgelegt. Wir haben das Ziel den Kreis bis 2050 energieautark zu machen.Das könnte gelingen, wenn die Bundesregierung nicht die Energiewende, bevor sie kaum begonnen hat, durch schädliche Beschlüsse abwürgen würde. Das die Subventionen für PV-Anlagen abgesenkt werden müssen, ist unstrittig, aber diese verantwortungslose Geschwindigkeit schädigt einen ganzen Industriezweig, gefährdet Arbeitplätze. Investoren, die im Vertrauen auf eine festgelegte Förderhöhe ihre Investitionen geplant haben, sehen sich jetzt getäuscht. Für uns ist unvorstellbar, dass sich eine 38 % Partei von 2% vorführen lässt, nur weil ein Parteivorsitzender mal liefern muss. So muss ein Umweltminister nicht zum ersten Mal ein Konzept verkaufen, dass er bisher strikt abgelehnt hat. Hoffentlich hat das bald ein Ende! Besonders zynisch dabei ist, dass der Jahrestag des Super-Gaus im japanischen Fukushima sich dieser Tage erstmalig jährt.
Nur gut, dass wir eine unserer PV-Anlagen an der Steckdose haben und die erwarteten Erlöse bereits im Haushalt ihren Niederschlag finden. Endlich sammeln wir das Geld, das auf unseren Dächern liegt, auch ein. Wir verdienen Geld für unseren Haushalt und leisten einen wichtigen Beitrag zur CO2   Reduzierung. Die zweite geplante Anlage auf dem Dach des Jobcenters in Halle fällt allerdings der Kahlschlagpolitik zum Opfer. Das haben wir Herrn Rösler zu verdanken.  Meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht nur die Politik von Herrn Rösler in Sachen  Energie, sondern auch dieser Haushalt weist in einigen, nicht unerheblichen Teilen, aus Sicht unserer Fraktion in die falsche Richtung.
Monatelang haben wir um Investitionszuschüsse, Darlehn und Bürgschaften für den Flughafen Paderborn-Lippstadt verhandelt, aus einer Position der Stärke heraus. Aber alle politischen Beratungen fanden in nichtöffentlichen Sitzungen statt. Zwar sind die Summen, die wir jetzt für den Flughafen Paderborn/Lippstadt in den Haushalt einstellen müssen, öffentlich, aber wie es zu den einzelnen Posten gekommen ist, bisher nicht. Ich möchte mich                                                                                                                     nicht  dem Verdacht des „Geheimnisverrates“ aussetzen und werde deshalb Einzelheiten nicht weiter ausführen. Nur so viel: unsere Fraktion kann das Risiko nicht tragen, dass mit den neuen Verträgen für den Kreis Gütersloh eingegangen wird. Wir lehnen das erhöhte finanzielle Engagement ab, denn wir wissen, es ist nicht das Ende der Fahnenstange und weitere Liquiditätsengpässe sind vorprogrammiert.Nicht nur die Wettbewerbsverzerrung bei der Subventionierung der Regionalflughäfen ist ein Risiko, bleiben die Passagiere aus, steigt der Verlust, kehren die Airlines dem Flughafen den Rücken oder streichen sie Linien, steigt der Verlust. Dem Flughafen Paderborn-Lippstadt ist ein strikter Sparkurs verordnet worden. Wir zweifeln allerdings, dass bei den gegebenen Rahmenbedingungen der eingehalten werden kann. Ist der Flughafen nicht attraktiv, weder beim Flugpreis noch beim Service, wandern die Gäste ab. Außerdem gibt es gut erreichbar mehrere Regionalflughäfen, Dortmund und Münster-Osnabrück, den Geschäftsflughafen Bielefeld-Windelsbleiche und einen Großflughafen Hannover. Wenn Kassel-Calden 2013 ans Netz geht, wird sich die Situation massiv verschärfen und Paderborn am Dauersubventionstropf in unbekannten Höhen hängen. Unsere Abgeordneten sind gefragt, die völlig verfehlte Subventionspolitik der Bundesregierung und der EU zu ändern. Wir können die Verträge und die damit verbunden Haushaltsansätze wegen der erheblichen Haushaltsrisiken nicht mittragen.
Der Flugplatz in Gütersloh ist auch wieder im Gespräch. Wir fragen uns, welche finanziellen Abenteuer will die CDU noch eingehen? Auf Teilen der Landebahn wuchert das Unkraut, große Summen zur Instandsetzung wären nötig, von der jährlichen Verlustabdeckung ganz zu schweigen. Wer soll das bezahlen, wer hat soviel Geld? Dieser Flugplatz wird nicht benötigt. Das sollte die CDU endlich ehrlich aussprechen und alle Spekulationen beenden.
Äußerst spendabel zeigt sich der Kreis, wenn es um die Finanzierung des Aktionsbündnisses „A33 sofort“ geht. Da wird nicht gekleckert, sondern geklotzt, 20.000 € als Anschubfinanzierung für ein Aktionsbündnis, das ehrenamtlich arbeitet! Wir fragen uns allerdings, warum hat es nicht schon viel früher Proteste gegeben, als durch ELES der Konsens mit dem Naturschutz aufgekündigt wurde und es dadurch nachweislich zu einer Verzögerung von mindestens einem Jahr gekommen ist? Die Klage der Verbände hätte verhindert werden können. Wo war der Aufschrei, diese Verzögerung nicht zu akzeptieren? Keine Resolution, keine Demo, kein Aktionsbündnis! Aber jetzt, nach Fertigstellung des Planfeststellungsbeschlusses, zeigen sich Alle kampfbereit. Wir kritisieren nicht, dass sich ein Aktionsbündnis zur Durchsetzung der Finanzierung gegründet hat, aber wir kritisieren ganz ausdrücklich, dass dafür Steuermittel eingesetzt werden. Die GRÜNEN haben bisher jedes Aktionsbündnis ohne Steuermittel hingekriegt. Wir leisten uns keinen Designer zum Malen von Transparenten und Schildern. Das machen wir ehrenamtlich! Sie hätten uns mit Sicherheit eine Absage erteilt, wenn wir nach der Katastrophe von Fukushima für unser Aktionsbündnis gegen die Atomkraft Geld aus dem Kreishaushalt beantragt hätten. Es ist für uns originäre Aufgabe für einen Landrat oder für Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, sich für die Belange des Kreises einzusetzen, Minister anzuschreiben, Termine zu organisieren und verbindliche Zusagen einzuholen. Ich habe noch keine steuermittelfinanzierte Demo erlebt und ich war im Gegensatz zu Ihnen, Herr Landrat, schon häufiger auf der Straße.Haben sie sich eigentlich schon gefragt, ob es nicht auch eine Sache für den Bund der Steuerzahler sein könnte, wenn Steuermittel des Kreises eingesetzt werden, um Steuermittel des Bundes einzutreiben? Wie kritisch die Öffentlichkeit hinschaut, sehen wir gerade in Lippe.
Zunächst haben wir beim Antrag „Aktionsbündnis B 64n“ der FWG/UWG an einen vorgezogenen Aprilscherz gedacht! Es war aber Rosenmontag. So jeck ist die Fraktion sonst nicht und es ist eher ungewöhnlich, dass bei der FWG/UWG das Geld so locker sitzt. 6400 €, weil die Zahl so hübsch symbolisch ist, sollen für das nächste Aktionsbündnis B64n fließen. Wir fragen uns, welche Bündnisse sprießen noch aus dem Boden und wollen finanziert werden?
Sehr geehrter Herr Landrat, vertreten Sie die Interessen unseres Kreises nachdrücklich und kämpferisch, das ist Ihre Aufgabe, aber ohne Geld aus dem Haushalt.
Für uns steht eine nachhaltige Finanzpolitik weiterhin hoch im Kurs, Schuldenabbau, Vermeidung von Neuverschuldung, zukunftsfähige Investitionen. Darin waren wir uns bisher mit der Finanzabteilung einig, der wir danken für die Unterstützung bei unseren Beratungen. Diese Ziele drohen mit dem Haushalt 2012 unterzugehen. Viele der zusätzlichen Investitionen sind zwingend erforderlich, wie z. B. die Neubauten für die Sicherstellung der Optionsaufgaben, der Ausbau der Kindertagesstätten für die U3-Betreuung, Investitionen in den Rettungsdienst. Die zusätzlichen Mittel für den Straßenbau allerdings lehnen wir vor dem Hintergrund der erheblichen Nettoneuverschuldung ab. Setzten wir die Prioritäten anders, z. B. Holler Straße raus, Querspange raus, wären die zusätzlichen 300.000 € und weitere 200.000 € verzichtbar und alle wichtigen Ausbaumaßnahmen, wie z. B. der Grüne Weg könnten realisiert werden.
Wir müssen die Nettoneuverschuldung reduzieren! Deshalb haben wir beantragt, den Haushalt für das Kreisstraßenbauprogramm im Jahr 2012 in der Summe um 500.000 € und dann jährlich fortlaufend, zu kürzen. Nicht bei der Straßenunterhaltung, nicht beim Brücken- und Radwegebau wollen wir kürzen, aber bei Neu- und Ausbau von Fahrbahnen müssen wir die Standards überprüfen und den finanziellen Gegebenheiten Rechnung tragen.
Großzügig bei großen Summen, knauserig, wenn es um vergleichsweise kleine Summen geht und zugeknöpft, wenn es um Anträge unserer Fraktion ging, haben wir CDU/FDP in den letzten Wochen erlebt. Die Entscheidung zum Sozialticket wurde so lange verzögert, bis die Frist für die Beantragung der Fördermittel für 2012 verstrichen war. Für wenig zusätzliches Kreisgeld hätten wir viel Mobilität organisieren können. Für Menschen, die von SGBII leben müssen, bedeutet mehr Mobilität, mehr Teilhabe am gesellschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben und größere Chancen auf Wiedereingliederung in das Erwerbsleben. Der Eingliederungstitel sieht ausdrücklich Zuwendungen zur Mobilität vor. Mit dem Sozialticket hätten wir unser Budget entlasten können!
Die Bürgerbeteiligung beim Haushalt wird eingestampft, obwohl es nur noch geringer finanzieller Mittel in 2012 bedarf, um das Konzept zu überarbeiten und es die beschlossenen 2 Jahre durchzuführen. Wenn die Bürgerinnen und Bürger sich nicht gleich im ersten Jahr gut beteiligen, wird nicht gefragt, was können wir besser machen? Wie können wir besser motivieren? Da sind CDU/FDP kurzatmig und nicht kompromissbereit. Da wird Bastapolitik gemacht!
Und für unseren Antrag, die Entscheidung gegen den NP Senne zu vertagen und dem Kreistag die Gelegenheit zur umfassenden Meinungsbildung zuzugestehen, wurde strickt zurückgewiesen. Die CDU sei informiert. Bisher war es guter Stiel im Kreistag, solchen Wünschen zu entsprechen! Ich wette mit ihnen, dass weniger als 10 % der Kreistagsmitglieder – unsere Fraktion ausgeschlossen – den Unterschied zwischen Naturpark, Biosphärenreservat und Nationalpark kennen und erklären können! In der Bevölkerung des Kreises Gütersloh hat die Diskussion noch gar nicht begonnen. Das hindert sie allerdings nicht, ihren Beschluss durchzuziehen.
Der Wille, Fragen im Konsens zu verabschieden ist diesem Kreistag mehr und mehr abhanden gekommen. So kompromisslos, wie sie sich in den letzten Wochen in der Regel gezeigt haben, so kompromisslos sind wir heute und stimmen dem Haushaltsplanentwurf nicht zu.

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